Für mich

Ich musste mir gerade laut sagen, dass ich das jetzt für mich mache. N., ein sehr naher Mensch in meinem Leben, hat es als Zauberformel bezeichnet. Ich möchte wieder Tätigkeiten „nur für mich machen“. Sie sollen keinen Mehrwert haben müssen.

Seit kurzem ist mein Thema, wie meine Beziehung zu meiner Kreativität aussieht. Wie lebe ich gemeinsam mit ihr? Ein paar Menschen aus meinem Umfeld habe ich schon gefragt. Die meisten waren neugierig auf ihre eigene Antwort und eine Person hat es sehr nüchtern reflektiert. Wahrscheinlich habe ich aber auch viele Menschen um mich, die sich generell auf so eine offene Frage gerne einlassen.

Mir fällt die Antwort auf die Frage schwer. Deshalb komme ich erstmal zum Anlass, warum ich mich überhaupt dafür interessiere. Seit knapp 2 Jahren beobachte ich ein Veränderungen an mir und wie ich kreativ schaffe. Je „professioneller“ ich wurde, desto mehr Zeit investierte ich in meine Arbeit und auch auf Social Media. Ich arbeitete konstant und es gab kaum noch ruhige Abende, an denen ich nur für mich in meinem Skizzenbuch kritzelte. Es entwickelte eine komische Tendenz in Richtung „Kann ich in dem Licht noch ein Foto von der Zeichnung machen, damit es postbar ist?“, „Wie kann ich zeigen, dass ich mich technisch weiterentwickelt habe?“, „Kann ich aus der Zeichnung noch für ein späteres Projekt etwas rausholen?“. Irgendwie hing meine Arbeit schon sehr an Social Media. Und mir ist bewusst, dass es für meinen Beruf einfach wichtig ist, eine Plattform wie Instagram zu nutzen.

Ich habe das Gefühl, genau das hat meine Beziehung zu meiner Kreativität strapaziert. Nostalgisch denke ich an mein 17-/18-Jähriges ich, das ohne Referenzfotos losgemalt hat und problemlos an einem Tag eine bis zwei A3 Seiten gefüllt hat. Wenn ich die Bilder heute sehe (sie sind gut verwahrt in einem Koffer und gelegentlich schaue ich sie mir an, wie alte Familienfotos), dann muss ich lachen und gleichzeitig peinlich berührt das Gesicht verziehen. So habe ich mal Menschen gemalt? Was sind das denn für Finger, die wie Möhren aussehen! Alles wirkt so platt und verzerrt, dass es einfach komisch ist. Auch wenn ich den Bildern heute keine „technische Leistung“ abgewinnen kann, sehe ich doch meine Emotionen und meinen Fantasie in den Bildern. Sie sind so farbenfroh und intensiv. Sie sind nicht gut, aber ich verbinde mit ihnen dieses Gefühl „nur für mich gemalt“ zu haben.

Heute bin ich auf einem ganz anderen Stand. Ich lebe von meinen Bildern und die romantische Idylle, bei meinen Eltern auf dem Dachboden zu malen, ist nicht mehr real. Es gibt das realexistierende Wunder, dass ich von meiner Kunst und meinem Können lebe, was ich immer noch nicht ganz verstehe, aber okay.

Im August habe ich eine Instagram-Pause gemacht, weil ich merkte, wie hart mich diese Plattform überfordert. Doom-Scrolling (wer kennt es nicht), ständigen Input und das Nachchecken, wie meine Posts laufen, taten mir nicht gut. Ich glaube generell, dass diese Plattform keiner Person dauerhaft gut tun kann. Habe ich sie bisher privat und beruflich genutzt, möchte ich es jetzt auf das berufliche beschränken. Vielleicht werde ich auch meinen Illustration-Account wieder beenden und Zeichnungen lediglich auf dieser Website veröffentlichen. Hier bin ich nicht in der Versuchung zu schauen, ob irgendjemand reagiert hat. Instagram erinnert mich an Menschen, die Straßenmusik machen. Du stehst da und hoffst, dass eine Person dir Geld in den Hut wirft oder dich entdeckt, aber keiner hat Energie und Zeit NOCH einen Typen mit Gitarre hören zu wollen, der das millionste Indielied brettert (nix gegen Peeps, die Straßenmusik machen oder gegen Indie-Mukke).

Meine Beziehung zu meiner Kreativität / meinem künstlerischen Ich / meiner kreativen Seite ist aktuell etwas angeschlagen. Ich wünsche mir eine offene, neugierige und liebevolle Beziehung zu ihr. Ich will mich auf das Schaffen freuen und es genießen und nicht (immer) den Mehrwert darin suchen.

Ich bin sehr gespannt, wohin mich das führt. Ob da vielleicht noch mehr passiert. Was da passiert. :)

Vielleicht habt ihr ja auch Lust, darüber in den Austausch mit euren Mitmenschen und natürlich mit euch selber zu gehen. Wie nehmt ihr eure kreative Seite war? Wie viel Raum hat sie in eurem Leben? Wann lebt ihr sie aus? Wann fühlt sie sich gut an?

Bis bald!

Friedi

Zurück
Zurück

Filter, Ausziehen, Posen

Weiter
Weiter

2024